Der Weg zur Volkspartei: Die AfD als Partei des vorurteilsfreien Patriotismus

Mut zu Deutschland zu haben, heißt in erster Linie Mut zur politischen Alternative zu zeigen. Eine politische Alternative verortet sich entlang nicht oder negativ besetzter Politikfelder. Diese wiederum sind vor allem jenseits der innerrepublikanischen Gesinnungsgrenze und deren neuem Wächter, der CDU, zu finden.

Die AfD als Teil einer paneuropäischen Bewegung

Die Kritik am Euro und in ihrer Konsequenz, die Kritik an der Europäischen Union, begegnet uns mehr und mehr als emanzipatorische paneuropäische Bewegung. Seit den EU-Wahlen geben Euro- und EU-Kritiker jeglicher Couleur, Millionen europäischen Bürgern Hoffnung. So vielfältig die jeweilige parteiliche Programmatik im Einzelnen auch ist, sie lässt sich auf ein gemeinsames Moment reduzieren – die Wiederentdeckung nationaler Souveränität.

Was bedeutet das für die AfD und ihre politische Einordnung? Bernd Lucke wird nicht müde zu betonen, wir wären weder „rechts“ noch „links“, sondern etwas vollkommen Neues. Begründend verweist er routiniert auf das Anziehen zahlloser Mitglieder und Wähler anderer Parteien durch die Alternative. Dem ist prinzipiell zuzustimmen. Dennoch stehen die nicht abreißenden Fragen, ob die AfD „rechts“ sei, im Raum und man sollte ihnen nicht aus dem Weg gehen.

AfD vs Sozialdemokratische Einheitspartei Deutschlands („Groko“)

 Die Frage, ob die AfD „rechts“ ist, ist die Frage danach was den Begriff „rechts“ gegenwärtig überhaupt ausmacht. Die Bezeichnung dessen was politisch (korrekt) „rechts“ ist oder als „rechts“ zu gelten hat, ist zum politischen Kampfbegriff geworden und somit eine Fremdbeschreibung bzw. eine Zuweisung. Das heißt, dass die inhaltliche Ausfüllung des Begriffs „rechts“ nicht neutral ist, da er von Dritten definiert wird, die sich mit uns im Wettbewerb befinden. Zudem ist dieser Begriff ein relativer, das bedeutet, dass genannte Dritte im gegebenen Rahmen mehr miteinander gemein zu haben scheinen als mit uns.

Mit anderen Worten beschreibt die diffamierende Instrumentalisierung des Begriffs „rechts“ die Tatsache, dass sich der Altparteien-Block  eben nicht als „rechts“, sondern im Umkehrschluss als (weitgehend) „links“ betrachten. Doch eine bloße Distanzierung von „rechts“, enthält noch keine konkrete Aussage darüber. Da die Merkel’sche CDU schon vor der Verschmelzung mit der SPD weit in das linke Spektrum ausgriff, fand eine großflächige und vor allem dauerhafte Verschiebung deutscher Politik nach „links“ statt. Dadurch positioniert sich die AfD, relativ betrachtet, „rechts“ der CDU und aller weiteren Altparteien. Innerhalb des gesamten Parteienspektrums bezieht sie dennoch oder gerade deswegen relativ mittig Stellung. Was macht eine Partei der Mitte heute aus?

Unerhörter Patriotismus

Was ist anders an uns? Was macht uns von den Etablierten so verschieden?  Wollte man möglichst viele AfD-Mitglieder zusammenfassend beschreiben, scheint „patriotisch“ am passendsten. Die Sorge um unsere Heimat macht uns in den Augen der Etablierten zu „Rechten“. Dabei ist Politik für das eigene Land zu machen, eine zutiefst gemäßigte und ausgewogene Sichtweise – etwas das eigentlich für alle Parteien im Bundestag gelten sollte.

Der völligen Politisierung des Begriffs „rechts“ entspricht derjenigen des „Nationalen“. „National“ bedeutet zunächst lediglich die Existenz einer Nation und die politisch-rechtliche und vor allem lebensweltliche Kategorie „Nation“ überhaupt anzuerkennen und sich erst in dieser Folge, zu einer zu bekennen. Dabei ist das selbstbestimmte Bekenntnis einer Nation angehörig zu sein weder ideologisch noch rückwärtsgewandt, sondern im Gegenteil, vernünftig und progressiv.

Vernünftig, weil es die Realität in der wir leben anerkennt, beispielsweise diejenige unterschiedlicher nationaler Produktivitäten und Wirtschaftsweisen.

Progressiv, weil diese Einstellung quer zu der a-„nationalen“ bis anti-„nationalen“ Attitüde steht, die unserer Gesellschaft von den Grün-Roten seit mittlerweile Jahrzehnten anerzogen wird.

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. (So wahr mir Gott helfe.)“ (Amtseid, Art. 56, GG)

Die Akzeptanz unserer nationalstaatlich organisierten Welt und Patriotismus gegenüber unserer Nation heißt nun nicht, „Deutschland, Deutschland über alles“ zu stellen, sondern mit Respekt auf Fremdes, aber eben auch Stolz auf Eigenes zu blicken. Dies impliziert ein politisches Handeln nach nationalen Interessen. Nationale Interessen sind weder Interessen dritter Nationen noch Interessen Staatsangehöriger dieser Nationen. Eine Konstante, die, nur weil sie hierzulande keine Beachtung mehr findet, nicht aus der Welt geschafft ist.[i]

Extreme Haltungen führen hier zu nichts als Unglück. Die Sakralisierung des Eigenen und der möglichst vollständige nationale Interessendurchsatz, führte bekanntlich zu zwei Weltkriegen. Die Verneinung des Eigenen und die Überhöhung des Fremden führt zu Zuständen, wie wir sie seit Jahrzehnten und sich stetig zuspitzend in vielen Ländern Europas erfahren. Beide Extreme trafen und treffen Deutschland hart. Aber weder Dreiunddreißiger noch Achtundsechziger haben einen dauerhaften Anspruch auf die „Nation“ oder deutschen Patriotismus.

„Demokratie funktioniert nur national, nicht international“ (Beatrix von Storch)

Die Nation bietet einen legitimatorischen Bezugsrahmen, an dem sich politisches Handeln orientieren kann und sich Staatsgewalt rechtfertigen lässt. Die Interessen einer Nation artikulieren sich über diese demokratischen, also rechtsstaatlichen Strukturen. Auf diese Weise kann die Nation über sich selbst bestimmen.

Nation, Selbstbestimmung, Demokratie und Rechtsstaat  hängen zusammen. Nur diejenigen, die die „Nation“ negieren oder sogar bekämpfen, geben sich selbst das geistig-moralische Rüstzeug um Selbstbestimmung, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit mit Füßen zu treten. Genau das erleben wir mit dieser EU und ihrer Einheitswährung, dem NSA-Skandal, der Neuausrichtung der NATO zum Interventionsbündnis oder der geplanten transatlantischen Freihandelszone, unter der Verantwortung der Altparteien.

Ein stärkerer Bezug zum Prinzip „Nation“ und im Besonderen zu unserer Nation, würde dem entgegenwirken. Die Tatsache, dass die Altparteien die gegenwärtigen Entwicklungen forcieren oder sich ihnen zumindest nicht in den Weg stellen, lässt vermuten, dass Deutschland von ihnen nur noch als Verhandlungsmasse und Möglichkeit zur Selbstbereicherung betrachtet wird. Es sind diesselben, die uns in die „rechte“ Ecke stellen wollen.

 Weimar 2.0 

Der notwendig gewordene Blick auf das (überindividuell) Eigene, zum Beispiel in Form der Religion, der Kultur, des Wohlstands, der Wahrung der eigenen Interessen und Werte, begegnet uns im politisch-gesellschaftlichen Kontext im weitesten Sinn als Patriotismus. Dieser Patriotismus wird von den Altparteien – politisch korrekt – abgelehnt und wie wir gesehen haben mit einseitig  aufgeladenen Begriffen wie „national“ oder „rechts“ diffamiert.

Eine AfD, in der sich das Verhältnis zu unserem Land und zur Sprache in solcher Art verkrampfte  und als Mittel eingesetzt würde Diskussionen lieber zu ersticken, denn zu führen, wäre der Politischen Korrektheit erlegen und somit politisch überflüssig. Es steht außer Frage, dass Deutschland kostbare Zeit verloren ginge, sollte die AfD nicht oder zu spät, einen spürbaren Einfluss auf die Gestaltung deutscher Politk haben. In diesem Fall drohte eine exponentielle Verschärfung der Probleme unseres Landes.

Gegenwärtig geht es darum dem zunehmend sozialistisch und diskriminierend gefärbten Feminismus, tatsächliche Gleichberechtigung entgegenzustellen; die Frühsexualisierung unserer Kinder in Bildungseinrichtungen zu verhindern; ein demografisch und ökonomisch tragfähiges Sozialsystem zu reetablieren und die Politsche Korrektheit abzustreifen, die Deutschland so sehr lähmt.

In einem Szenario ohne starke AfD, in dem sämtliche Politikfelder unbearbeitet bleiben, wird sich die sozioökonomische Situation weiter zuspitzen. Je länger gesellschaftlicher Stillstand und Rückbau herrschen, ist zu befürchten, dass Kräfte entstehen, die die Antifa wie Milchbubis aussehen lassen werden.

Gratwanderungen

Die innere Entwicklung der Partei ist von entscheidender Bedeutung für unser Land. Rutscht die AfD zu weit nach „links“ fehlt die Trennschärfe zu den Altparteien. Eine Nähe zum rechten Rand ist ebenso parteischädigend wie geschichtsblind. Gerade zu Anfang unserer Parteigeschichte bestand die Gefahr von „Spinnern“ (Bundespräsident Joachim Gauck) unterwandert zu werden. Das war nicht der Fall. Patriotismus ist die Motivation der breiten Mehrheit aller Mitglieder. Das hat die AfD bisher davor bewahrt ein allzufrühes Ende zu nehmen. Gemeinsam sollten wir auch weiterhin wachsam bleiben.

Je länger die AfD existiert, desto stärker werden hingegen die Einflüsse der Altparteien auf uns. Neben der schon bekannten tendenziösen Berichterstattung uns gegenüber, kann eine negative Beeinflussung auch von zukünftigen Mitgliedern ausgehen. Beispielsweise durch den Versuch politisch korrekte Moralinstanzen zu mimen und andere Mitglieder als irgendwie „national“ oder „rechts“ zu diffamieren. Die Politische Korrektheit steht jedem ehrlichen Umgang miteinander im Weg und hat nichts mit einer politischen Alternative zu tun, die ihren Namen auch verdient.

Es liegt nun vor allem in unserer gemeinsamen Verantwortung  zu verhindern, dass Lautsprecher der Altparteien hier verstärkt Einfluss gewinnen und das Klima vergiften. Distanzierungen, wie von Alexander Dilger, dem ehemaligen Landessprecher in NRW, vorgemacht, würden unsere Partei vor Schaden bewahren.

FDP: Angriff der Untoten

 Nach dem Ergebnis der EU-Wahl scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis sich die FDP auflöst. Aber drei Prozent sind nicht nichts und die Hoffnung stirbt zuletzt. Während einige sich bis zuletzt an verbleibende Rettungsinseln klammern, werden andere sich zu neuen Ufern aufmachen.

Eine Mitgliedersperre für Ex-FDPler wäre nicht nur überzogen und undemokratisch, sondern selbstschädigend. Blindlings jedem zu vertrauen wäre aber, gerade auch im Hinblick auf unsere immer noch im Aufbau befindlichen Strukturen, genauso falsch. Gespräche mit ehemaligen Mitgliedern, insbesondere Funktionären, im Vorfeld der Aufnahme in die Partei, wären hier beispielsweise denkbar. Derartige Maßnahmen sollten, im Gegensatz zu der Handhabe von Ex-Mitgliedern der Partei „Die Freiheit“, grundsätzlich von der Basis legitimiert und transparent gehalten werden.

Das würde der notwendigen Profilschärfung des linken Flügels der AfD und somit der Partei als Ganzer sehr helfen. Viele Liberale haben sich ohnehin schon längst in ihrer Eigenschaft als Mitglieder oder Wähler, aufgrund der Illiberalität der FDP, von dieser abgewendet. Derartige Maßnahmen richteten sich gegen die Ausbeutung der AfD durch opportunistische Altparteien-Kader, wie das Beispiel Dirk Aßmuth verdeutlicht. Wenn die AfD weiter politische Alternative und somit auf Erfolgskurs bleiben will, darf es nicht zur Bildung eines mainstream-liberalen Wasserkopfes kommen. Echte Liberale und echter Liberalismus hingegen sollten in der AfD ihren festen Platz haben. Entsprechendes sollte für möglichst viele politischen Strömungen des demokratischen Spektrums gelten.

Koalition vs Opposition

Eine negative Beeinflussung der AfD geht aber nicht nur von eingesickerten Funktionären der Altparteien aus.  Gerade der Einzug ins EU-Parlament zeigte die Brisanz, die von Fraktions- und Koalitionsfragen ausgehen kann.

Unsere Gratwanderung zur Volkspartei wird maßgeblich davon abhängen, wie weit die CDU noch nach „links“ tendieren wird und was die AfD tun kann um das zu unterstützen. Derzeit hat die AfD alle Trümpfe in der Hand.

Wenn die CDU uns ignoriert, überlässt sie uns das Feld und wir können Politikfelder ohne Gegenwehr besetzen und somit zulegen. Wenn die CDU versucht uns nachzuahmen, begibt sie sich durch diese Konzeptlosigkeit und Uneigenständigkeit in beste Gesellschaft: So haben schon die CSU während des EU-Wahlkampfes und die SPD seitdem es Die Linke gibt, Boden verloren. Setzt sich die CDU hingegen mit uns auseinander, bröckelt die Gesinnungsmauer zwischen „links“ und „rechts“. Diese würde sogar gänzlich eingerissen, falls die AfD eines Tages mit der Union koalierte. Fortan würde jede Form der politisch korrekten Unterdrückung unserer Partei durch äußere Faktoren, nahezu verschwinden.

Die Afd sollte sich allerdings solange damit begnügen aus der Opposition heraus die Altparteien vor sich herzutreiben, solange sie nicht den Seniorpartner stellt. Als Juniorpartner gehörten wir zum Establisment, wären „etabliert“ und somit zumindest aus der Perspektive vieler Bürger, Teil des Problems. Erst wenn unsere Partei die Mehrheit in einer möglichen Regierungskoaltition stellt, sollten wir diese eingehen. Dieser kritische Punkt wird womöglich dann erreicht sein, wenn sich die AfD vollends vom Image einer Protest-Partei gelöst haben wird.

Dies sollte grundsätzlich für alle Parteien gelten. Eine Koalition mit der SPD und deren Funktionären, scheint nach derzeitigem Stand nur theoretisch denkbar. Für die Grünen und die NPD darf nicht einmal das gelten. Eine Koalition mit den Linken ist zwar ebenfalls Zukunftsmusik, bleibt aber interessant, allein aufgrund deren Fähigkeit nicht vollends im Mainstream unter zu gehen.

Alternative Prozesse der Meinungsbildung

 Glücklicherweise finden sich Mitglieder der AfD in der Position über Koalitionen zur Regierungsbeteiligung abstimmen zu können (§12, Art. 24; Bundessatzung der AfD). Doch hier darf unsere parteiliche Selbstbestimmung nicht enden. Eine Bürgerbewegung lebt vom Disput und der sich daraus ergebenden politischen Willensbildung.

Um den Willen der Basis bestmöglich in Erfahrung zu bringen ist eine unverkrampfte, transparente und vorurteilslose innerparteiliche Öffentlichkeit notwendig. Das was wir uns für Deutschland in Bereichen der Basisdemokratie und Meinungsfreiheit wünschen, sollten wir genauso innerparteilich umsetzen. Beispielsweise könnte sich mit der Einrichtung einer unabhängigen Diskussionsplattform die Selbstverortung der Partei beschleunigen. Die Förderung nutzerfreundlicher, internetbasierter Kommunikationsformen für eine angemessene Teilnahme an der innerparteilichen Information und Meinungsbildung findet sich so auch in der Bundessatzung der AfD (§11, Art. 3).

Gleichfalls sollte die Besetzung wichtiger Schaltstellen innerhalb unserer Partei, wie beispielsweise Vorstände politischer Akademien oder Stiftungen, in transparente und basisdemokratische Strukturen überführt werden.

Bernd Lucke hat die Zeichen der Zeit erkannt, wenn er im Mitgliederrundschreiben Anfang Juni diesen Jahres bemerkt: „Höflichkeit und Respekt vor Andersdenkenden sollte auch das innerparteiliche Kennzeichen der AfD sein. Wir sind eine Partei mit einer lebendigen innerparteilichen Demokratie – das unterscheidet uns von den Altparteien. Dass es viele unterschiedliche Meinungen gibt, ist nicht nur normal, es ist eine Bereicherung für eine Partei. Wir wollen keine Denkverbote, deshalb darf jede Meinung, die grundgesetzkonform ist, vertreten werden und sollte respektiert werden. Das Bewusstsein, dass niemand im Besitze der ganzen Wahrheit ist, sollte jeden von uns leiten, wenn wir jetzt daran gehen, der AfD ein Parteiprogramm zu geben. […] Für eine freiheitliche, soziale und wertorientierte Politik […].“

Alternative Prämissen politischer Inhaltserstellung

Die von Lucke beschriebene Haltung beherzigt, könnte dies eine aufgeklärte Debatte über Deutschland anstoßen. Im Sinne eines vorurteilsfreien Patriotismus sollten dabei liebgewonnene Feindbilder beiseite gelegt werden.

Der bei den EU-Wahlen erfolgreichste Landesverband Sachsen, ist in der programmatischen Umsetzung eines vorurteilsfreien Patriotismus für die ganze AfD vorbildlich. So weist der stellvertretende Landesvorsitzende, Thomas Hartung[ii], explizit darauf hin Gemeinsamkeiten mit allen Parteien zu haben: „Wir sind fürs Zentralabitur wie die CDU, für direkte Demokratie wie die Piraten, für eine familienfreundliche Wirtschaft wie die SPD und für die Rückkehr an den Universitäten zum Diplom wie die NPD.“

Mental derart ausgestattet, hätte die AfD-Prominenz während des EU-Wahlkampfes noch seriöser auftreten können. Die jeweiligen Antworten auf die Frage nach unserem Wahlkampfplakat „Wir sind nicht das Weltsozialamt!“, wären nicht dermaßen eingeschüchtert und distanzierend ausgefallen. Man hätte darauf entgegnen können, was denn so gut daran wäre, wenn Deutschland das Weltsozialamt wäre und wie das zu finanzieren sei.

Entsprechend hätte man auf den obligatorischen Verweis auf die Gemeinsamkeiten mit etwaigen Plakaten der NPD reagieren können: Wenn ein „Spinner“ behauptet, zwei und zwei ergäbe vier, dann müssen und dürfen vernünftige Bürger daraus keine politkorrekte „fünf“ machen – denn sonst haben die Spinner gewonnen.

Die AfD als Volkspartei des vorurteilsfreien Patriotismus

Für das Bild unserer Partei ist es nicht ausschlaggebend den konservativen, den liberalen oder den sozialen Pinsel zu schwingen, sondern es so zu zeichnen, dass sich darin möglichst viele deutsche Bürger wiederfinden – ob hetero oder homo, christlich / muslimisch / jüdisch oder atheistisch, männlich oder weiblich, jung oder alt, bio oder migrationshintergrund.[iii]

Der einfache Bürger findet sich nicht mehr vertreten. Solange er keiner Gruppe angehört, die vermeintlich oder tatsächlich diskriminiert wird und deshalb förderungsbedürftig ist, darf er wenig mitbestimmen, aber viel bezahlen. Derzeitige Mitglieder und Wähler der AfD wurden durch eine neue Partei motiviert, die im Gegensatz zu allen Übrigen endlich wieder Politik für das eigene Land zu machen versprach und deswegen folgerichtig von den Übrigen wie ein Aussätziger behandelt wurde und wird.

Von der Lucke’schen Beobachtung ausgehend, die AfD ziehe Mitglieder aller möglichen Parteien an, und daraus zu schlussfolgern, dass hier gänzlich Neues entstehe, ist zwar zutreffend, greift analytisch aber nicht tief genug, um unsere Partei ausreichend zu charakterisieren: Das Neue besteht darin patriotische Politik zu machen. Während sich viele einheimische Eliten darin gefallen das (unpersönliche und überindividuelle) Eigene schlecht zu machen, um sich selbst und Dritten eine höhere Moral vorzugaukeln, zeichnen sich die Mitglieder der Alternative für Deutschland durch Standhaftigkeit und Charakter aus.

Seit Jahrzehnten zehrt Deutschland von der Substanz. Patrioten jeglicher demokratischer Couleur stehen mittlerweile mit dem Rücken zum Abgrund. Die Ahnung sehr tief zu fallen, sollte noch ein letzter Schritt nachgegeben werden, zieht pflichtbewusste Bürger schlafwandlerisch an. Vor diesem Hintergrund verschwimmen viele Unterschiede, deren Überwindung zu besseren Zeiten Deutschlands undenkbar waren. Wären sie jünger, wären vermutlich auch Helmut Schmidt und Roman Herzog, der unlängst von „Abwehrrechten der nationalen Parlamente“ sprach, eingetragene Mitglied der AfD.

Einer neuer inkludierender, vorurteilsfreier Patriotismus gäbe unserer Partei die Möglichkeit zur Volkspartei aufzusteigen. Nach außen diente ein vorurteilsfreier Patriotismus als profilschärfende Abgrenzung gegenüber dritten Parteien. Innerparteilich gelebt, würde dieser konsensstiftend und erkenntnisfördernd wirken. Eine basisdemokratische innerparteiliche Organisation, ein transparenter Prozess der Meinungsbildung und eine sich daraus ergebende ergebnisoffene Diskussion um politische Inhalte, bildeten den dafür notwendigen Ordnungsrahmen.

[i]      Die Durchsetzung nationaler Interessen steht prinzipiell immer in Spannung zu Dritten. Der „linke“ Irrtum besteht in der Annahme, mit der Auflösung des Organisationsprinzips „Nation“, auch Spannungen und Kriege überhaupt aufzulösen. Im Fall der Zerstörung der Nationen würde sich zwischenmenschlicher (und menschlicherweise nie abstellbarer) Zwist auf andere Ebenen verlagern und beispielsweise in Form bürgerkriegsartiger Zustände in Erscheinung treten (siehe die historische Entwicklung auf dem Balkan und der gegenwärtigen Ukraine).

[ii]   Leider hat sich Thomas Hartung schwer im Ton vergriffen, als er den am Down-Syndrom erkrankten Spanier Pablo Pineda beleidigte. Dieser Ausfall war eine persönliche und leider auch politische Dummheit. Ein Parteiausschluss – wie bereits gefordert – wäre dennoch die falscheste aller Reaktionen darauf.

[iii]   Begrifflich dazu: Eklektizismus (bzw. Synkretismus). Der Eklektizismus bezeichnet in Kunst und Philosophie, das verweben eigentlich unterschiedlicher Systeme, Geisteshaltungen oder Elemente.